04/04/2023

Der Direktor der Ethos Stiftung ergreift heute Dienstagmorgen das Wort an der letzten Generalversammlung der Credit Suisse. Er fordert insbesondere eine vollständige Aufklärung der Verantwortung der aktuellen und ehemaligen Führungskräfte der Bank.

Die Ethos Stiftung ist seit vielen Jahren besorgt über die Verfehlungen und Missstände in den obersten Führungsgremien von Credit Suisse Dazu gehören natürlich die Gehälter, die zu Zeiten von Brady Dougan in unvorstellbare Höhen stiegen, aber auch die zahlreichen Finanz- und Rechtsangelegenheiten, die dem Ruf und damit dem Aktienkurs der Bank in den letzten zehn Jahren geschadet und schliesslich zu dem aktuellen Debakel geführt haben.

So hat sich Ethos in den Stimmrechtsempfehlungen, die sie ihren Kundinnen und Kunden bietet, seit 2009 gegen alle Abstimmungen über die Vergütungen ausgesprochen. Sie plädierte kontinuierlich für eine Neugestaltung des Vergütungssystems mit dem Hauptziel, die Anreize zur Risikobereitschaft für das Topmanagement und die am stärksten exponierten Angestellten (key risk takers") zu reduzieren. Ethos erwartet nun, dass der Gesetzgeber die Lehren aus den Folgen von zu hohen variablen Vergütungssystemen zieht und wie in der Europäischen Union (CRD V) auch im Bankenbereich Beschränkungen einführt.

Ethos empfahl zudem, sich seit 2014 systematisch gegen die Entlastung des Verwaltungsrats und die Geschäftsleitung zu stellen und forderte letztes Jahr sogar eine Sonderprüfung der Bank im Zusammenhang mit den Affären Greensill und SwissLeaks.

Ethos unterstützte seit 2015 auch die Idee einer Abspaltung der Schweizer Bank vom Rest der Gruppe. Diese Idee stammte von der Geschäftsleitung, wurde aber schliesslich vom Verwaltungsrat fallengelassen. Schliesslich zeigte sich Ethos seit 2011 besorgt über die geringe Eigenkapitalausstattung der Bank. Somit widersetzte sich Ethos viermal (2016, 2017, 2021 und 2022) den Aktienrückkaufprogrammen und der Ausschüttung einer Dividende.

Siehe Ethos - Credit Suisse Historie

Gerne führte die Ethos Stiftung diese Opposition nicht, sondern um zu verhindern, dass ein Flaggschiff der Schweizer Wirtschaft aufgrund der Gier und Inkompetenz seiner Manager verschwindet. Leider war sie mit ihren Mitgliedern und Kunden bei den Generalversammlungen allzu oft auf sich allein gestellt. Der Antrag auf eine Sonderprüfung beispielsweise erhielt im letzten Jahr nur 10% der Stimmen.

Heute ist das Fazit eindeutig: Credit Suisse erlebt wohl ihre letzte Generalversammlung, die Aktionärinnen und Aktionäre haben enorm viel Geld verloren und Tausende von Arbeitsplätzen stehen auf dem Spiel. Für die Ethos Stiftung geht es nun darum, die Lehren aus diesem Debakel zu ziehen und die gleichen Fehler in Zukunft zu vermeiden. Direktor Vincent Kaufmann wird am Dienstagmorgen in Zürich das Wort ergreifen und den Verwaltungsrat, insbesondere den derzeitigen Präsidenten Axel Lehmann, auffordern, die Verantwortung der aktuellen und ehemaligen Führungskräfte der Bank vollständig zu klären.

Eine Reihe von schriftlichen Fragen wurde ebenfalls an den Verwaltungsrat gerichtet und Ethos erwartet nun detaillierte Antworten von der Bank im Protokoll dieser Generalver-sammlung:

  • Auf welcher finanziellen Grundlage und zu welchem Bilanzstichtag hat der Verwaltungsrat das Übernahmeangebot, das die Bank mit CHF 3,25 Milliarden bewertet, angenommen?
  • Wie hat der Verwaltungsrat sichergestellte, dass der Schaden, den wir als Aktionärinnen und Aktionäre erlitten haben, nicht von derzeitigen und früheren Führungskräften durch vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtverletzung verursacht wurde, insbesondere in den Jahren 2020 und 2022, für welche eine Entlastung der Geschäftstätigkeit nie erfolgte?
  • Gemäss Artikel 756 des Obligationenrechts haben die Gesellschaft und jeder Aktionär das Recht, für den der Credit Suisse entstandenen Schaden zu klagen. Hat der Verwaltungsrat rechtliche Schritte gegen bestimmte ehemalige Führungskräfte eingeleitet oder beabsichtigt er, dies zu tun?
  • Was hat der Verwaltungsrat unternommen, um sicherzustellen, dass keine der an ehemalige Führungskräfte gezahlten Vergütungen, insbesondere die variablen Vergütungen, im Sinne von Artikel 678 OR unangemessen sind?
  • Wurde eine Trennung von der Schweizer Bank mit einem Börsengang, wie unter der Too-big-to-fail-Regulierung vorgesehen, vom Verwaltungsrat bei der im Oktober letzten Jahres angekündigten strategischen Überprüfung in Betracht gezogen? Falls ja, warum wurde dieser Plan nicht vollzogen?
  • Wie hoch ist der genaue Betrag der variablen Vergütungen, die aufgrund der Entschei-dung des Eidgenössischen Finanzdepartements, die am 21. März 2023 bekannt gegeben wurde, nicht ausgezahlt werden? Betrifft dies nur die Vergütungen der Geschäftsleitung? Die der Key Risk Takers oder die gesamte variable Vergütung? 
  • Insbesondere, was geschieht mit den Retention Awards in Höhe von CHF 367 Mio. und den CHF 497 Mio., die 2022 als Teil des Strategic Delivery Plan ausgezahlt wurden?
  • Enthalten die Vergütungspläne Klauseln für den Fall des Kontrollwechsels? Wenn ja, gelten diese im Falle der Fusion mit UBS?
  • Welcher Teil der am 2. Februar angekündigten Transaktion von USD 175 Millionen mit Herrn Klein steht ihm nach der Ankündigung der Übernahme von UBS zu? Wurden die CHF 10 Millionen "Avisory Fees", die für Herrn Klein vor der tatsächlichen Übernahme vorgesehen waren, wirklich an ihn ausbezahlt?
     
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